»”Kann ich nicht” liegt auf dem Friedhof«

»und “will ich nicht” liegt daneben.«

So oder so ähnlich erinnere ich einen Spruch meiner damaligen Nachhilfe-Lehrerin in der Grundschule. Ich konnte kein Deutsch – glaube ich. Vermutlich wollte ich einfach nicht. Es war auf jeden Fall schwierig. Und sie hat versucht mir alle Ausreden mit nur einem klugen Spruch abzuschneiden. Gemocht habe ich sie dafür nicht. Musste ich ja auch nicht…

Immer wenn etwas schwierig ist, wird oder war und ich scheitere, scheiterte oder drohe zu scheitern, dann suche ich nach Gründen. Und etwas einfach nicht zu können ist ja so einfach: Die Gene sind, oder die Eltern oder die Gesellschaft – eigentlich egal: ICH KANN DAS NICHT! Easy, wer diesen Satz einmal mit Überzeugung gesagt hat “muss” nicht mehr. Er oder sie kann ja nicht, wegen der Gene oder der Eltern oder der Gesellschaft… Gehen sie bitte weiter, es gibt hier nix zu sehen und ein Wunder brauchen sie nicht zu erwarten. “Kann ich nicht” ist somit die finale Kapitulation, die letzte Resignation. Das “lass mich bitte in Ruhe” ohne eben jenes zu sagen.

Kann man alles können? Sicher nicht! Usain Bolt werde ich in meinem Leben sicher nicht auf 100m überholen und mit 30 Jahren Schachweltmeister kann ich auch nicht (mehr) werden. Und gut Kochen kann ich noch nicht. Marathon laufen kann ich auch noch nicht. Gitarre spielen kann ich erst recht noch nicht und auch mit 4 Bällen jonglieren kann ich noch nicht.

Und wieder ist es nur ein kleines Wort, dass mir hilft aus Resignation eine Möglichkeit zu erfinden. Das “noch nicht” ist eine Einladung, eine Möglichkeit. “Nicht” alleine hingegen ist endgültig und eine Sackgasse. Probiert es ruhig mal aus: Wer das nächste mal “kann ich nicht” sagt oder bei jemandem anderem hört korrigiere sich oder den anderen mit einem schmunzelnden “korrigiere: noch nicht” bzw “Du meintest sicher: noch nicht”

Nur das mit dem Willen ist so eine Sache… Vieles will ich aus vielen Gründen nicht. Und das ist auch gut so. Nur – und hier liegt der Haken – häufig “will” ich Dinge nicht, weil ich glaube sie nicht (gut genug) zu können: Als Erster auf eine leere Tanzfläche gehen, mich als erster melden – ins kalte Wasser springen usw. Doch hier verdeckt mein “ich will nicht” ein “ich glaube, ich kann nicht” oder “du kannst das sicher besser als ich” – oder kurz: meine Angst.

Und immer wenn ich ein “will ich nicht” höre, dann versuche ich ganz genau zu hören. Denn vielleicht spreche ich grade zu einer Angst und nicht zu einer neuen Möglichkeit. Und nur wenn gelingt, die Angst anzuerkennen können wir sie beherrschen. Und nur dann kann aus einem “will ich nicht” ein “kann ich (noch) nicht” werden. Und dann ist wieder ALLES MÖGLICH.

Auch ja: Und Fisch essen will ich nicht!

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Eine Panne ist eine Chance

tl;dr – Kommunikation ist nicht was Du sagst, sondern was beim anderen ankommt.

Panne? Nicht die Auto- oder Fahrrad- sondern die, wenn Du etwas gesagt oder getan hast und die Welt danach ein wenig anders war. Ein wenig fremd, ein wenig kaputt. Etwas, das jemanden gekränkt oder enttäuscht hat. Vielleicht nur ein Missverständnis, vielleicht eine Unachtsamkeit. Vielleicht weißt Du gar nicht, was genau passiert ist… Doch die Veränderung, die spürst Du.

Was nun? Einfach so tun, als wenn nix wäre? Denken: ‘Ist ja Deine Sache, das Du Dich so anstellst – hab’ es ja nicht böse gemeint!’ -und- ‘Das wird schon wieder…’ -und- ‘Warum bist Du nur so empfindlich?’.

Hmm… Das Leben ist immer dann am kompliziertesten wenn es mit anderen Menschen zu tun hat. Oft verstehe ich dich einfach nicht. Und du ganz offensichtlich mich nicht. Dabei ist es doch ganz einfach: Ich will nix Böses und das _musst_ du jetzt so akzeptieren. Dass du das jetzt missverstanden hast hat mit mir rein gar nix zu tun…

Wirklich zusammenleben funktioniert anders: Ich übernehme die Verantwortung nicht nur für meine Worte und Taten sondern auch für deine Reaktion darauf. Und wenn ich deine Reaktion nicht verstehe, dann habe _ich_ eine Panne. Nicht du. Ich – Ganz einfach. Und was tue ich, wenn ich eine Panne habe? Anhalten, aufhören, Mund halten, _meine_ Pause-Taste drücken – Wieder ganz einfach. Und dann teile ich dir mir, dass wir zusammen eine Panne haben, die ich verursacht habe. Und ich schaue, was wirklich passiert ist. Übernehme die Verantwortung. Und ich suche, was ich jetzt und nur jetzt lernen kann. Denn jede Panne ist auch eine Öffnung, die mir eine neue Möglichkeit zum Handeln gibt. Und ich besinne mich darauf, wer du für mich bist und wer ich für dich sein möchte. Und erst dann kann es weitergehen. Wieder zusammen. Und – im Gegensatz zu einem Flicken auf einem Rad-Schlauch, der vielleicht wieder abgeht – sind wir ein kleines Stück zusammengewachsen und zusammen gewachsen.

Mir passieren Pannen am laufenden Band. Und Angst habe ich nur vor den Pannen, die ich nicht bemerke.

Ich warte bei rot.

Mannometer! Zeit ist Geld – Immer und überall. Wirklich?

Fast alle Menschen gehen bei rot über die Ampel, immer. Und – drauf angesprochen – reagieren sie meist mit “Ich habe mich umgesehen, es waren keine Kinder in der Nähe!”. Interessant… Ausserdem haben sie sich natürlich noch umgesehen um nicht Überfahren zu werden. Die Zeitersparnis durch dieses “bei rot-gehen” liegt häufig bei etlichen Sekunden.

Auch ich bin früher über rote Ampeln gegangen (so mich kein Kind gesehen hat). Und heute? Heute warte ich auf grün – ganz einfach. Und geniesse die Zeit, die das Schicksal mir in genau diesem Moment schenkt. Vielleicht kann ich kurz an einen lieben Menschen denken, vielleicht über eine Entscheidung nachdenken, die es zu treffen gibt, vielleicht gibt es etwas zu entdecken. Und manchmal habe ich sogar den einen lieben Menschen dabei, dann kann ich sie küssen. Weil grad rot ist und weil es schön ist. Die Ampel schenkt mir also Zeit, Zeit für mich, Zeit ohne Hast. Full-Stop. Einfach mal so… Unverhofft.

Ich verdiene zwar vielleicht kein Geld beim Warten, dafür aber Ruhe und Wohlbefinden. Und daher sage ich: Danke, liebe Ampel! Danke für die Zeit, die Du mir schenkst.

Und euch lade ich dazu ein, das Rot der Ampel einfach mal – so wie ich – als ein Geschenk des Leben zu sehen und auszuprobieren, wie es euch gefällt.

Sonntags gibt es Kekse

“Normalerweise bin ich Sonntags bei meiner Mutter zum Kaffee eingeladen, und da gibt es dann Kekse!”, sagte Dennis und fuhr fort: “Und deshalb dürfen wir jetzt hier diese Kekse essen”. Ich war 19 oder 20 und Dennis mein erster richtiger Vorgesetzter. Dennis hatte mir erst einen Praktikumsplatz bei “P.INK software engineering” verschafft und nach einigen Monaten unterschrieb ich meinen ersten Arbeitsvertrag. Mein Gehalt betrug sensationelle 3000DM und ich entwickelte Software auf dem Macintosh.

Kekse waren bei P.INK für die wichtigen Business-Meetings und nicht die zuckersüchtigen Programmierer reserviert. Und peinlich war, wenn im entscheidenden Augenblick eben jene alle waren. Hier kommt Sabine ins Spiel – Als Sekretärin und guter Geist war eine ihrer Aufgaben eben jene Kekse vor den Programmieren zu verteidigen. Nun begab es sich zu der Zeit, dass Dennis und ich so viel Spass am “Überstunden ohne Bezahlung” machen hatten, dass wir uns jeden Samstag und jeden Sonntag im Büro zum Arbeiten getroffen haben. Andreas (Gründer und Chef von P.INK) fand das sicher toll.

Und immer am Wochenende haben wir Kekse gegessen. Weil. Und als Sabine die Kekse besser versteckte haben wir sie gesucht und gefunden. Und sie versteckte die Kekse noch besser – und wir fanden und verspeisten sie (die Kekse). Das ging so eine ganze Weile.

Dann, eines Montags morgens kam ich ins Büro und Sabine fragte mich beiläufig, ob wir ihren Schrank aufgebrochen hätten. Und, dass sie hier gar keine Kekse versteckt hätte. Ich verneinte – Sie rief die Polizei. Der wahre Einbrecher wurde mit der Portokasse wenig später dingfest gemacht. Darauf wurde ein ‘richtiger’ Safe angeschafft und alles Wertvolle sowie die Kekse in eben jenem verwahrt.

Also keine Kekse mehr für uns am Sonntag.

Im nächsten Jahr zog Dennis weiter und ein wenig später wurde ich sein Partner bei Digital Collections. Sonntags haben wir auch hier gearbeitet. Nur die Kekse, die haben wir ab dann selber bezahlt.

Ein “Nein” hat noch nie etwas verändert.

TL;DR

Ersetze in Deiner Kommunikation das Wort “aber” durch “und” und Dein Leben wird ein kleines Wenig reicher sein.

Den “Ja-Sager” habe ich nie gesehen, soll ganz lustig sein wurde mir zugetragen. Und vielleicht hat er mit meinen Thema zu tun, vielleicht aber auch nicht.

Vor Jahren las ich “Impov Wisdom (Don’t prepare, just show up)” und dieses Buch hat in mir einen – immer noch anhaltenden – Prozess ausgelöst: Im Gegensatz zu den Menschen, die meinen, nicht “Nein” sagen können gehöre ich zu den Menschen, denen ein spontanes “Ja” oft nicht in den Sinn kommt. Patricia Ryan Madson schlägt vor (wenn ich mich recht entsinne) ab und an einen “Ja”-Tag zu machen. Die Regeln sind ganz einfach: Regel 1: Sag zu Allem und Jedem “Ja”, egal wie verrückt es zu sein scheint. Eine Regel 2 gibt es nicht. Nur einen Tag, nicht das ganze Leben. Und dann vielleicht noch einen – und noch einen. Klingt verdammt gut. Einfach mal groß denken, mal groß hören und mal groß träumen! Alles fängt mit einem “Ja” an.

“Nein” hingegen steht für Stillstand, keine Möglichkeit, kein Wachstum, kein Spass. Nicht ohne Grund klingt “nein” auch wie “kein”. Übrigens – bei meinen Kindern durfte ich erleben, warum Menschen den Kopf schütteln, wenn sie “nein” meinen: Hat das Kleinkind genug Brei gefüttert bekommen – es ist also satt – dann dreht es instinktiv den Kopf zur Seite. Gut meinende Eltern versuchen dann noch den letzen Löffel Brei an der linken Seite zuzuführen, doch das Kind dreht den Kopf mit geschlossenem Mond auf die andere Seite. Und so bekommen wir das erste Nein vom neuen Erdenbürger. Das erste von vielen.

Und ich streite nicht ab, dass es gibt Situationen gibt, in denen ein “Nein” seinen Wert hat. Das Problem ist halt, dass eine “weg-von” Motivation keine Richtung hat. Eben nur: “Weg hier – egal wohin!” – Dennoch ist sie stärker als jede “hin-zu” Motivation im gleichen Gefühl.

Manche Menschen glauben, eine Abkürzung in das Land des “Ja” Lebens gefunden zu haben: Das Wort “Aber”. Doch “aber” ist das gefährlichste Wort, welches wir kennen. Wir können mit “aber” aus jedem schönen Satz, der ein Geschenk sein könnte etwas Falsches machen. “Ja, das Kleid steht Dir, aber vielleicht könntest Du es noch eine Nummer größer anprobieren” – “Ja, das hast toll gelöst, aber vielleicht könntest Du noch mal im Buch nachlesen…”. Ich könnte kotzen…

Immer -wirklich immer- wenn jemand “aber” sagt wird alles, was vor dem “aber” gesagt wurde zur Lüge. So ein Scheisswort und soo schade, dass wir Menschen es nicht verstehen. Ich habe mir angewöhnt jedes “aber” zu hinterfragen – mit interessanten und doch vorhersagbaren Ergebnissen. Probiert mal die Beispiel-Sätze oben aus und ersetzt jedes “aber” durch ein “und”. Interessant, oder? Folglich ist also “aber” (auf jeden Fall an “Ja” Tagen streng) verboten! “Ja” heisst Zustimmung, nicht bedingungslose aber auf jeden Fall Zustimmung. Niemals Ablehnung.

Erst seit ich dieses Buch gelesen habe und hin und wieder versuchte (und immer noch versuche) einen “Ja” Tag zu erleben wird mir bewusst mit wie viel “Nein” ich (und viele meiner Mitmenschen) mich umgebe. Es ist aber auch schwierig: “Papa, darf ich …?”, “Papa, erlaubst Du mir …?”, oder auch “Entschuldigung, haben Sie mal 5 Minuten für …?”, oder “Hast Du zufällig spontan Zeit mir bei meinem Umzug zu helfen?”. “Nein” ist meist eine Ausrede. Um nicht Nachzudenken, um bequem zu bleiben, um in der eigenen Komfort-Zone zu verweilen.

Ich will: Spontan zustimmen, verrückt sein, neue Wege entdecken, neue Regeln erfinden, den Anderen voll sehen und voll hören und meine Bequemlichkeit nicht mein Leben bestimmen lassen!

Und eines Tages werde ich ihn haben, den perfekten “Ja”-Tag – ohne “aber” und ohne Angst.

Wort.

Und noch ein Zitat zum Schluss:
“After the final no there comes a yes
And on that yes the future world depends.” (Wallace Stevens)