Auch den zweiten Stein werfe ich nicht -oder- Wer bist du, wenn jemand einen Fehler macht?

Was ist passiert?

Ein Mann verkauft auf der Straße einen Print von einem Foto, dass er gar nicht selber gemacht hat. Und durch einen Zufall findet die Frau (eine Freundin von mir), die das Foto wirklich gemacht hat dieses heraus. Scheinbar hat er das Bild bei Instagram gefunden und es  -ohne zu Fragen- und auch -ohne die Urheberschaft anzuerkennen- zum Verkauf angeboten. Darauf angesprochen streitet er zu alle dem noch ab, dass er ein Dieb (vielmehr Urheberrechts-Verletzer) ist.

Und dann…

Meine Freundin schildert die Geschichte auf Facebook und fragt „ob das so erlaubt ist?”

Nun wird darüber diskutiert, ob man dieser Person „auf’s Dach steigen“ sollte, oder den „Anwalt einschaltet” oder doch lieber gleich „Platt-machen“. Man sollte alleine schon aus „Prinzip“ handeln. Die Reaktion des Täters wird „freche und bewusste Lüge“ genannt. Von „Diebstahl“ und „Betrug“ ist die Rede und davon, dass er „konfrontiert“ werden sollte.

Ich bin kein Anwalt und die richtige Antwort ihre ist vermutlich „Nein, das ist nicht erlaubt“. Hier bin ich mir nicht ganz sicher. Und in Wirklichkeit das auch egal.

Alle intelligenten Menschen wissen, dass man keine Bilder aus dem Web einfach so benutzen darf. Und alle vernünftigen Menschen gestehen einen gemachten Fehler sofort ein, wenn man sie nur darauf hinweist. Alle klugen Menschen machen jeden Fehler maximal nur einmal in ihrem Leben.

So beurteilt bin ich weder intelligent (ich habe schon Musik aus dem Netz geladen) noch vernünftig (ich habe schon gelogen um mich aus einer unangenehmen Situation zu winden) noch klug (Beispiele hätte ich genug).

Ich kenne den Mann nicht, ich kenne seine Beweggründe nicht. Und ich will hier mit keinem Wort seine Tat unterstützen oder gar rechtfertigen. Und ich kann gut verstehen, dass meine Freundin sich bestohlen fühlt.

Nur – Die Menschen, die nach Vergeltung und nach Gerechtigkeit rufen möchte ich dazu einladen, dass es auch die Möglichkeit gibt zu Vergeben. Sich nicht als Opfer zu fühlen und so vielleicht ein Durchbruch für sich selber zu haben und ein Beitrag für den anderen Menschen zu sein. Ich habe gehört, dass man Hunde stubenrein macht indem man sie mit der Nase in ihren (in der Wohnung gemachten) Haufen drückt. Scheinbar glauben wir immer noch, dass man auch Menschen so dressieren -ääh- erziehen kann.

Ich habe einen Freund, der in Mecklenburg Chefarzt in einer Psychiatrie ist und davon erzählt, dass die Menschen immer noch mit der Stasi-Vergangenheit umgehen. Kinder von Stasi-Eltern, Kinder von Opfer-Eltern. In der 2. und 3. Generation. Er selber hat ein Projekt gestartet, dass für Vergebung zwischen Menschen wirbt. Nur Menschen wollen lieber in Hass und Rechthaberei leben (und auch sterben) als zu vergeben. Und das fängt schon beim Urheberrecht an.

„Ohne Vergebung kann es keine Zukunft in der Beziehung zwischen Individuen oder zwischen Nationen geben.“ – Desmond Tutu

Meine Frage an Dich: Wer bist du, oder vielmehr zu wem wirst du, wenn jemand einen Fehler macht?

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6 thoughts on “Auch den zweiten Stein werfe ich nicht -oder- Wer bist du, wenn jemand einen Fehler macht?

  1. Die Stasi als Beispiel für den Umgang mit einem Instagram-Klau: ein Vergleich von Äpfeln mit Birnen – oder eher Kirschen mit Kürbis.

    Vergebung in den Kontext einer begangenen Urheberrechtsverletzung (falls es sich dabei um solches handelt) halte ich für sehr gewagt. Während Dein Beispiel Stasi auf humanitäre Repressionen und Verbrechen abzieht (die durch keinen monetären Gegenwert definiert werden können), geht es beim Bilderklau im Internet m.E. um eine klare Gewinnabsicht des Diebes. Und da wo Gewinn ist, ist normalerweise auch messbarer Verlust.
    Jeder Mensch geht mit Verlust verschieden um. Dem einen ist es egal und er erfreut sich, dass seine Fotos so gut ankommen, dass jemand anderes damit Geld verdienen kann. Ein anderer geht zum Anwalt und ein weiterer kennt jemanden, der jemanden kennt, der Faustkampf beherrscht. Die Reaktionen sind verschieden.

    Grundsätzlich halte ich eine Gesellschaft in der Diebstahl von fremden Eigentum toleriert (und vergeben wird) wird für problematisch. Das Internet – da haben wir in der Tat alle unsere Erfahrungen gemacht – macht Diebstahl leichter, als ein ABUS-Schloß am Fahrrad. Dennoch ist es nicht weniger illegal.

    • Ja – der Vergleich wäre gewagt und ist so nicht beabsichtigt. Ich möchte hier weder etwas bagatellisieren noch über die Proportion aufblasen. Und es geht mir ganz deutlich nicht darum, Taten gutzuheissen oder gar zu ignorieren. In wirklichkeit geht es gar nicht um die Tat, sondern darum wie unsere Reaktion auf etwas immer auch eine neue Welt erschafft. Meine Frage war “Wer bist du, wenn jemand einen Fehler macht?”. Die Frage im original-Beitrag was “ob das so erlaubt ist?”. Die Welt die entstanden ist sieht für mich ein wenig wie ein aufgebrachter Mob mit Mistgabeln aus. Niemand hat gefragt, wie es der Geschädigten geht und (wiederum meine auftauchende Welt) für alle scheint sehr klar zu sein, dass es zu jedem Gut auch ein Böse geben muss. Und -ja- das ist im ganz Kleinen (Unheberrechtsverletzung) das gleiche Spiel wie im “Deine Eltern waren bei der Stasi”-Spiel.

  2. Generell ein schöner Beitrag Thies wenn es um zwischenmenschliches geht. Hier war es ein klarer Fall von dreister Urheberrechtsverletzung. Platt machen möchte ich an dieser Stelle gerne die Bilder die dort ungefragt zum Verkauf stehen. Die Art und Weise ist mir nicht egal, wichtig nur ist in meinen Augen das gehandelt wird. Das einladen zum Diskurs der erstmal mit dem Verzicht des Verkaufs der beantstandeten Ware beginnt und dann vielleicht auch mit einer Partnerschaft weitergeht wäre schön. So könnte man eine gemeinsame Plattform für Instagram Künstler schaffen.

    Aber ungefragt und dreist rauskopieren und Geld machen mit den Werken anderer? Das geht auch aus dem Grund nicht, dass es auf Kostrn der Künstler geht die sich nicht zu wehren wissen. Es ist ein Prinzip der Gerechtigkeit und nicht des Verhaltens.

    • Ja, es ist nicht in Ordnung mit den Werken anderer Geld zu machen. Und auch ich fühle immer gleich ein Verlangen nach Handeln. Und auch ich habe Prinzipien. Nur -und hier liegt meines Erachtens die Krux- aus Wut oder vermeintlichem Gerechtigkeitssinn zu handeln _und_ dabei in Wirklichkeit “drauf” zu sein ist nix anderes als “mehr vom Alten” -> Der Mensch als pure Reiz-Reaktions-Maschine. Wir alle sind sehr schnell reaktiviert und lassen uns zu Handlungen oder Worten hinreissen, die wir nach einem Tag, einer Woche oder einem Jahr vielleicht ganz anders sehen würden. Ich habe mit diesem Artikel versucht zu fragen, in was für einer Welt wir/du gerne leben möchten/möchtest? Wann hast du das letzte mal einen Fehler gemacht und wie hättest Du dir gewünscht, dass damit umgegangen wird? In diesem Sinne: “Be the Change you want to see in the World”.

      • Well, das sehe ich ganz und gar nicht so und mehr noch, ich finde deine Einstellung in Teilen sogar gefährlich. Wir sprechen ja hier nicht nur von Prinzipien, sondern von Gesetzen und dem Gerechtigkeitsprinzip persé. Selbst wenn Anjas Instagram Pics prinzipiell per CC kommerziell nutzbar wären, wäre ein Credit auf ihren Account mehr als die freundliche Geste, obligatorisch.

        Reiz-Reaktion? Mehr vom Alten? Ich lasse mich gerne auf eine Diskussion auf meine innere Gefühlswelt ein und auch wenn diese fruchtbar ist uns zu einem “lachendem-in-die-Arme-fallen” aller Parteien führen sollte, bleibt doch übrig den initialen Regelbruch und die Lüge aus der Welt zu schaffen. In einem Jahr genauso wie nach einem Tag.

      • Ich bin ganz bei dir, dass ein Regelbruch ein Regelbruch ist. Und ich bin auch ganz bei dir, das eine Lüge eine Lüge bleibt. Das unterschreibe ich jederzeit. Und ich bin ganz sicher kein positive Thinker (das wäre dann das lachend in die Arme fallen). Ganz im Gegenteil: Ich selber reagier(t)e auch immer sehr gereizt und oft auch “über”, wenn ich belogen werde oder man mich hintergeht. Und das ist es was ich mit Reiz-Reaktion und “mehr vom Alten” meine.

        Es tut mir leid, dass ich mich missverständlich ausgedrückt haben.

        Mein Anliegen ist es, dass Menschen sich verstehen sich versöhnen und dass Menschen Fehler machen dürfen. Das gilt für meine Kinder, für mich, für dich und auch den Mann, der das Urheberrecht verletzt. Und das heisst nicht, dass ich mit allem einverstanden bin!

        Ich finde das Bild vom “auf’s Dach steigen” sehr schön, dass ist genau das wonach scheinbar alle (ich habe nicht gesagt, dass du das tust) rufen. Und wenn wir uns dann alle wieder abgestiegen sind können wir uns vielleicht um eine Lösung bemühen. Auf dem Dach werden wir diese nämlich nicht finden.

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